Das Dickicht der Erziehungsmethoden

Ich bin ein Mensch der sich gerne beliest. Immer dann, wenn mich ein Thema mehr beschäftigt, lese ich in einem Buch nach oder schaue, was ich im Internet dazu finde. Als ich meinen Hund bekommen habe, habe ich mir Bücher über Hundeerziehung und Hundefrisbee besorgt. Als ich schwanger war, habe ich im Internet verfolgt, was sich in den jeweiligen Schwangerschaftswochen tut und wie eine selbstbestimmte Geburt aussehen kann. Nun ist mein Thema Erziehung. Welche Erziehung passt zu uns? Ich möchte die Sache natürlich nicht total theoretisch angehen, eigentlich vertraue ich sehr auf mein Bauchgefühl. Aber ich finde, so ein bisschen Input hat noch nie geschadet und manchmal bekommt man Gedanken, die man sonst nicht hätte.

Wenn man sich über verschiedene Erziehungsmethoden informiert, stolpert man über diverse Namen und Ansätze. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Nora Imlau, Jesper Juul, Montessori, Sears, Bedürfnisorientiert, Unerzogen, nächtliches Abstillen nach Gordon und so weiter und so fort. Bei allem was ich gelesen habe, gab es immer etwas das ich annehmen konnte und dann wieder etwas das mir zu weit ging. Natürlich orientiert man sich bei der Erziehung auch an dem, was man selber erlebt hat. Entweder man fand die Erziehung gut und will es genauso machen oder man fand es schrecklich und versucht sich am Gegenteil. Ich bin zum Beispiel mit sehr viel Vertrauen groß geworden. Ich weiß noch, dass ich, bis ich etwa 12 war, überzegeugt war, wenn ich nur mit meinen Eltern zusammen bin, dann kann mir nichts passieren. Das finde ich sehr schön und ist ein Gefühl, dass ich sehr gerne an meine Kinder vermitteln möchte. Ich erinnere mich aber auch an eine andere Situation. Ich muss etwa vier Jahre alt gewesen sein. Da hat mein großer Bruder mich geärgert und ich bin wütend geworden. Die Wut wurde so groß, dass ich ihn in den Hintern gebissen habe. Zur Strafe wurde ich in mein Zimmer gesteckt und niemand hat mich gefragt, warum ich das überhaupt gemacht habe. Das empfand ich als sehr ungerecht und ist etwas, was ich auf jeden Fall anders machen möchte. Kinder in dem Alter ticken anders als Erwachsene. So eine Gewaltaktion wie beißen scheint eine Überreaktion auf ein bisschen Ärgern zu sein. Aber für ein kleines Kind, dass sich noch nicht anders ausdrücken kann, ist es vielleicht der einzige Weg. Natürlich muss man dem Kind dann trotzdem erklären, dass es absolut nicht in Ordnung ist, zu beißen, aber man sollte sich erst anhören, was dazu geführt hat.

Generell bin ich gegen Bestarfungen in der Erziehung. In der Umkehrung bin ich aber auch gegen Lob. Ich finde logische Konsequenzen eine gute Lernstrategie für Kinder (auch für Erwachsene). Mache ich etwas Gutes wie z.B. beim Aufräum helfen, ist hinterher alles schön und man hat wieder Platz zum Spielen. Mache ich etwas Schlechtes wie z.B. mit Absicht etwas kaputt, muss ich es aufräumen, mich entschuldigen und es eventuell von meinem Taschengeld neu kaufen. Um mit logischen Konsequenzen arbeiten zu können, finde ich es notwendig, dass Kinder sich ausprobieren können. Da greifen übrigens Montessori und vielleicht auch ein bisschen Unerzogen als Erziehungsmethoden.

An Montessori gefällt mir, dass die Kinder befähigt werden, alles selbst zu tun. Ich möchte das für uns zu Hause so umsetzen, dass wir einen kleinen Waschtisch für Männlein im Bad einrichten und einen Lernturm für die Küche besorgen. Das sind zwei Bereiche, in denen er schon jetzt deutliches Interesse bekundet mitzumachen, wo es aber einfach durch die Einrichtung nicht möglich ist. Durch den Lernturm kann er dann sehen, was ich da auf der Arbeitsplatte so anstelle und später, wenn er etwas älter ist, auch kleine Hilfestellungen geben.

Unerzogen ist ein bisschen lustig wie ich finde und für mich nur teilweise umsetzbar. Unerzogen zielt darauf ab, den Kindern in allen Bereichen eigene Erfahrungen zu ermöglichen und sie dann daraus ihre eigenen Schlüsse ziehen zu lassen.  Als Beispiele, wie weit ich das treiben würde: Ich würde mein Kind im Schlafanzug in den Kindergarten bringen, wenn es sich weigert, sich morgens umzuziehen. Aber ich würde nicht mein Kind bei Minustemperaturen ohne Jacke und Schuhe draußen herumlaufen lassen, nur weil es sich das in den Kopf gesetzt hat. Da würde ich doch lieber in die Auseinandersetzung gehen, denn ich habe meinem Kind einiges an Lebensjahren und Wissen voraus und ich muss es nicht krank werden lassen, nur weil ich ihm eigene Erfahrungen ermöglichen will.

Ich beschäftige mich gerne mit den verschiedenen Ansätzen, kann mich aber nicht definitv für einen entscheiden. Bis jetzt ist unsere Erziehung eine Mischung aus mehreren gepaart mit ganz viel Bauchgefühl. Trotzdem kann ich allen Leuten, die grundsätzlich sagen: „Ich erziehe wie es mir in den Kopf kommt, dafür brauche ich kein Buch!“, empfehlen das ein oder andere vielleicht doch mal nachzulesen, denn es tut nicht weh und irgendetwas lernt man immer dabei.

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