Fünf Dinge, die man werdenden Müttern sagen sollte

Rückblickend muss ich sagen, dass der einzige Zeitpunkt in der Schwangerschaft, an dem ich realistische Vorstellungen ans Mamasein hatte der war, an dem ich den positiven Test in der Hand hielt.

Was passiert mit mir?

Es wird nie wieder so sein, wie es war!

In den darauf folgenden Monaten legte ich mir Bilder zurecht, die Mal mehr und Mal weniger mit der Realität übereinstimmten. Doch schon ziemlich bald nach der Geburt musste ich feststellen, dass es Dinge gibt, die wahrscheinlich jedem irgendwie passieren, über die aber keine Hebamme und auch kein Geburtsvorbereitungskurs ernsthaft vorwarnt.

Das erste dieser Dinge waren bei mir die sogenannten Heultage oder auch der Babyblues. Sie kamen etwa drei Tage nach Männleins Geburt und ich wusste absolut nicht, wie mir geschah. Wortwörtlich fand ich alles einfach nur noch zum Heulen. Es gibt dafür auch eine wissenschaftliche Erklärung: Es ist nämlich so, das die Plazenta den Körper der Schwangeren ordentlich mit Glückshormonen versorgt, damit sie sich über die schwerfällige Endphase der Schwangerschaft und über die bevorstehende (und ja doch sehr schmerzhafte) Geburt auch ja so richtig freut. Mit der Geburt der Plazenta werden nun keine weiteren Glückshormone mehr produziert und nach ein paar Tagen sind die vorher bereitgestellten, dann auch irgendwann aufgebraucht. Ich habe da also quasi einen kalten Entzug durch gemacht! Zum Glück war der Spuck dann nach zwei Tagen wieder vorbei, mein Hormonhaushalt hatte sich mit dem Verlust der Masse an Glückshormonen arrangiert.

Die nächste besorgniserregende Situation in meinem Leben als frischgebackene Mama ließ allerdings nicht lange auf sich warten. Als Männlein etwa eine Woche alt war, wollte er eines Abends plötzlich einfach nicht mehr aufhören zu stillen. Er fing gegen 18 Uhr an und nuckelte und nuckelte und nuckelte… bis in die frühen Morgenstunden. Ich wusste nicht, was los war, war auch total beunruhigt. Hatte ich etwa keine Milch mehr? Verhungerte Männlein an meiner versiegten Brust? Die Hebamme klärte mich am nächsten Tag auf: Männlein hatte durch das Dauernuckeln eine Milchbestellung aufgegeben. Man nennt das Clustern und das bedeutet einfach nur, dass das Kind einen erhöhten Bedarf an Milch hat und so die Milchproduktion ordentlich ankurbelt. Diese Dauerstillaktionen hatten wir dann bis zur Einführung der Beikost immer Mal wieder. Ich stellte mich dann einfach darauf ein, machte es mir mit einem guten Buch gemütlich und freute mich, dass ich nichts anderes tun musste/konnte, da das wichtigste gerade meine Milchproduktion war.

Drei Wochen nach der Geburt fühlte ich mich am Abend eines besucherreichen Tages plötzlich fiebrig. Außerdem hatte ich in der rechten Brust eine schmerzhafte Stelle. Am nächsten Tag hatte ich immer noch Fieber und auch nicht gerade niedrig. Meine Brust hatte einen harten Knoten, der bei Berührungen sehr wehtat. Es stellte sich heraus, dass ich einen Milchstau hatte. Der hat sich Gott sei Dank gelöst, als ich den Knoten unter der heißen Dusche ausmassierte und damit war dann auch das Fieber weg. Leider sind Milchstaus etwas, was mich bis heute immer wieder begleitet. Denn einer der Gründe für die Entstehung eines Milchstaus ist Stress und ich bin irgendwie eine stressige Person. Also nicht, dass ich jetzt die ganze Zeit nerve, aber ich reagiere schnell mit Stress und häufig auch so, dass ich es eigentlich gar nicht so richtig merke, dass ich Stress habe. Naja aber ich bin Profi, was das angeht und bekomme die Milchstaus immer recht schnell wieder weg.

Als Männlein dann ungefähr acht Wochen alt war, fing er von einem auf den anderen Tag an zu schreien. Er schrie jetzt nicht den ganzen Tag, aber doch mehrere Stunden. Auf jeden Fall genug, dass ich immer sehr glücklich war, wenn Cristobal nach Hause kam und mir Männlein abnahm (interessanterweise war dann auch immer sofort Schluss mit Schreien). Diese, ich nenne sie mal Schreiphase, hielt eine Woche an und es war egal, was ich tat… Wickeln, Stillen, Kuscheln, Singen nichts half. Das einzige was ihn beruhigte, war im Tragetuch bei geschlossener Tragejacke herumgetragen zu werden. Also gingen wir stundenlang spazieren. Der Hund freute sich. Ja und was war da los? Ich googelte natürlich erst einmal: Acht Wochen altes Baby schreit. Dabei stieß ich auf die sogenannten Wachstumsschübe. Das sind Entwicklungsschübe. Im ersten Lebensjahr haben Kinder davon acht Stück, die immer in bestimmten Zeiträumen auftreten und mal mehr, mal weniger heftig sind. Jedenfalls fand ich heraus, dass Männleins Sinne gerade schärfer wurden und dass ihn die neu wahrgenommenen Reize einfach überfluteten. Alles klar, das erklärte auch, warum er sich nur ordentlich eingemummelt beruhigen ließ. Gut zu wissen, war es, dass es nur eine Phase war und die gehen ja bekanntlich vorbei.

Das nächste Thema, was mich seit ein paar Monaten beschäftigt ist die Autonomiephase (wahrscheinlich eher als Trotzphase bekannt). In meiner Naivität dachte ich, dass das erst später (also viel später) anfängt. Ich wusste nicht, dass Babies schon in diese Phase kommen können. Und so war ich natürlich ziemlich überascht, als Männlein mit zehn Monaten das erste Mal richtig bockig reagierte, als ich ihm einen zerbrechlichen Gegenstand aus den Fingerchen wand. Inzwische gehört es zu unserem Alltag, dass Männlein wütend aufheult, wenn etwas nicht funktioniert, schreit und versucht sich aus dem Arm zu winden, wenn ich ihn beim Einkaufen von etwas fernhalten will, sich auf den Boden schmeißt, wenn ihm etwas nicht in den Kram passt und manchmal auch wütend auf den Boden aufstampft (da erkenne ich mich wieder, das mache ich nämlich auch heute noch häufig, wenn etwas nicht so läuft). Auch zu dieser Phase habe ich Meister Google befragt und ja, es ist nicht ungewöhnlich, dass Kinder mit zehn Monaten anfangen zu trotzen. Und auch wenn es manchmal lustig ist, wenn so ein kleines Kind so wütend wird, darf man nicht lachen, sondern man sollte es in seinen Gefühlen immer ernst nehmen. Ach ja… es ist nur eine Phase und die geht vorbei 😀

Ich bin mir sicher, es gibt noch viele andere Dinge, die Freundinnen, Schestern, Mütter und auch Hebammen im Vorhinein vergessen haben zu erwähnen. Aber dies sind die Dinge, bei denen ich am meisten verunsichert bzw. besorgt war…

Ja! Ich stille noch…

Zugegeben: Unsere Stillbeziehung fing nicht gerade entspannt an. Nachdem die geplante Geburtshausgeburt doch im Krankenhaus endete, zeigte mir eine Krankenschwester zwischen Tür und Angel, wie ich anlegen sollte. Mir war unwohl, ich konnte wegen der Geburtsverletzungen keine bequeme Position finden. Es klappte nicht.

Fünf Stunden nach der Geburt fuhren wir nach Hause. Dort wollte ich es mir im Bett gemütlich machen und es in Ruhe probieren. Ich legte an und… das Männlein trank nicht.

Oh Mann, wie blöd das war. ich war so erschöpft von der Geburt, hatte seit zwei Nächten nicht geschlafen und nun wurde ich damit konfrontriert,  dass mein Kind verhungert.

Am Nachmittag kam meine Hebamme. In der Zwischenzeit hatten wir etwas geschlafen. Ich hatte geduscht und mir den Schweiß von der Geburt abgespült. Meine Hebamme zeigte mir in Ruhe, wie ich anlegen sollte und doch klappte es zunächst nicht. Erst am Abend gegen zehn gelang es, dass das Männlein das erste Mal kräftig zu saugen begann. Was für eine Erleichterung aber auch irgendwie schmerzhaft.

In den darauf folgenden Tagen waren meine Brustwarzen sehr empfindlich. Dann kam das erste Dauerclustern. Männlein saugte zwölf Stunden durchgängig an mir herum. Die Brustwarzen wurden blutig und jedes Anlegen tat furchtbar weh. Noch heute 15 Monate später erinnere ich mich an meine Schmerzenstränen in dieser Nacht. Ich versuchte mich mit Harry Potter lesen abzulenken und stillte tapfer weiter bis Männlein um fünf Uhr Morgens endlich schlief und ich auch. Niemand hatte mir jemals etwas vom Clustern und Milchbestellen erzählt.

Ich schwor mir, nach sechs Monaten stille ich ab. Doch dann spielte sich die ganze Sache ein. Wir führten mit sechs Monaten Beikost ein und das klappte auch prima. Männlein bekam seine drei Hauptmahlzeiten und in der Zwischenzeit und Nachts stillte ich. Auf unserer Reise nach Chile war es unglaublich praktisch. Wir hatten im Flugzeug und auch auf langen Fahrten einfach den Snack dabei. Und auch als Männlein seinen Leistenhoden operiert bekam, konnte ich ihn noch im Aufwachraum stillenderweise beruhigen.

Das  Männlein ist jetzt 15 Monate alt und ich genieße unsere gemeinsamen Stillzeiten. Dabei entspannen wir beide und haben eine kleine Auszeit von dem, was gerade um uns herum geschieht.

Nun ist es so, dass viele Menschen sich daran stören, dass ich noch stille. Und wenn es nicht stört, dann irritiert es doch. Mir werden die lustigsten Sachen gesagt

  • Das Kind wird sich nie von dir lösen (stimmt nicht… wenn ich nicht bei ihm bin, ist er sehr ausgeglichen und isst halt andere Sachen, wenn er Hunger bekommt)
  • Der will doch nichts anderes mehr essen (siehe oben)
  • Der kriegt doch ein komisches Verhältnis zu Brüsten (Entschuldigung! Aber wofür sind Brüste denn da?)
  • Das ist ja ekelhaft (ich verstehe nicht, warum man irgendwo hinguckt, wenn es einen ekelt und ich bemühe mich auch aus Eigeninteresse stets, meine Brüste bedeckt zu halten)

Solche und ähnliche Aussagen werden nun immer öfter gemacht, wenn ich Männlein stille. Ich erkläre dann immer, dass ich ja auch nicht ewig weiter stillen will. Aber zwei Jahre finde ich eigentlich ganz machbar… zwei Jahre werden übrigens auch von der WHO empfohlen, da das auch die Zeit ist, in der die Muttermilch den gleichen Gehalt für das Kind hat, wie direkt nach der Geburt. Man tut also etwas sehr gesundes für das Kind. Und es kostet? Nichts!

Das natürliche Abstillalter liegt übrigens zwischen zwei und etwa sieben Jahren. So lange möchte ich sicher nicht stillen, aber solange es für mich und Männlein noch stimmt, werde ich nicht damit aufhören… und zum Abschluss werde ich mir als Muttermilchschmuck einen Ring machen lassen, der meinen verlorenen Ehering ersetzen wird.