Schwanger oder Patientin?

So endlich mal wieder ein neuer Beitrag von mir. In letzter Zeit war ich doch sehr mit mir und meinen Themen beschäftigt, so dass der Blog für eine ganze Weile in Vergessenheit geraten ist…

Inzwischen bin ich in der 24. Schwangerschaftswoche angelangt und muss sagen, dass mich diese Schwangerschaft etwas mehr anstrengt als die erste. Allerdings liegt das nicht an dem Zustand an sich, sondern viel mehr an der Tatsache, dass Männlein ein sehr lebhaftes kleines Wesen ist, dass mich gerne auf Trab hält. Somit entstehen tagsüber wenig Pausenzeiten für mich, die ich eigentlich ganz gut gebrauchen könnte. Wenn Cristobal mir sagt, er verstehe gar nicht, warum ich mir kein Berufsverbot verordnen lasse, entgegne ich immer: 1. Ich arbeite gerne und so lange es geht, tue ich es auch und 2. wenigstens bei der Arbeit kann ich mich ein bisschen ausruhen.

In dieser Schwangerschaft habe ich mich ja dazu entschlossen, sämtliche Vorsorgeuntersuchungen von der Hebamme durchführen zu lassen und nur für die regulären drei Ultraschalle (ist so der Plural richtig?) zu meiner Frauenärztin zu gehen. Bei vielen bin ich da auf Unverständnis gestoßen. Ich konnte auch lange gar nicht sagen, was mich in der ersten Schwangerschaft so sehr an der Vorsorge bei der Frauenärztin gestört hat.

Für mich war es einfach so, dass ich da schon immer das Gefühl hatte, meine Hebamme hat sich mehr für mich und meine Fragen interessiert und konnte mir auch praktische Tips geben. Außerdem kommt die Hebamme ja zu mir nach Hause, was für mich bedeutet, dass ich Männlein nicht für jeden Termin wegorganisieren muss.

Und dann bei dem ersten Ultraschalltermin im ersten Drittel der Schwangerschaft wurde mir klar, warum ich nicht wieder zur frauenärztlichen Vorsorge wollte… Ich wurde prompt wie eine Patientin behandelt und zum Teil auch bevormundet, was meine Vorstellungen zur Vorsorge und Geburt angehen. Warum ich das schlimm finde? In meiner Ausbildung habe ich gelernt, dass Patient wörtlich übersetzt geduldig aushaltend, erleidend bedeutet. Gerade im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft, in der mein Körper ein neues Leben erschafft, finde ich das super unpassend. Ich bin ja nicht krank, sondern schwanger! Natürlich kann eine Schwangerschaft körperlich anstrengend und erschöpfend sein. Gerade in den ersten drei Monaten ging es mir diesmal gar nicht gut. Trotzdem habe ich mich nicht als krank erfunden, sondern in einem Ausnahmezustand, in dem mein Körper wirkliche Höchstleistungen vollbracht hat. Ja es gibt schlimme Schwangerschaften mit ernsten Komplikationen, aber auch wenn ich nie in solch einer Situation war, vermute ich, dass diese Frauen sich auch nicht vorrangig als krank empfinden.

Ich will mich in dieser Schwangerschaft als Expertin fühlen, die selber mit entscheiden kann, was sie braucht und was ihr gut tut. Ich will nicht in irgendwelche Untersuchungen wie die Feindiagnostik reingequatscht werden, obwohl es dafür keine Notwendigkeit gibt und ich will auch nicht ohne Überprüfung meiner Blutwerte Folsäure und weiteren Quatsch zu mir nehmen müssen (meine Blutwerte sind ausgezeichnet, sodass es bei mir gar nicht nötig ist, zu suplementieren). All diese Sachen und die ständigen Kommentare meine Frauenärztin, Männlein wäre ja so klein und leicht (ist er übrigens immer noch, aber topfit) haben mich in der ersten Schwangerschaft vor den Vorsorgeterminen nervös sein lassen und mich immer verunsichert.  Aber ich war unerfahren und habe mich deshalb auf den Weg gemacht, den die meisten Frauen gehen. Tatsächlich wird einem ja auch nicht gesagt, dass es auch andere Möglichkeiten gibt… das findet man nur dann heraus, wenn man sich intensiver mit dem Thema beschäftigt. Mir ist auch durchaus bewusst, dass es bestimmt auch andere Frauenärzte gibt, die einen anders beahndeln. Für mich ist es jedenfalls in dieser Schwangerschaft klar: Solange alles normal verläuft, brauche ich keinen Arzt und das Gleiche gilt auch für die Geburt.

 

Linda

 
Linda ist derzeit mit ihrem zweiten Kind schwanger. Die Geburt steht etwa in drei Wochen an. Linda ist seit vier Jahren mit einer Frau verheiratet. Beide Kinder sind durch eine Samenspende entstanden. In der jetzigen Schwangerschaft hat Linda sich entschlossen, auf die ärztliche Vorsorge zu verzichten und wir ausschließlich von einer Hebamme betreut. Geplant ist eine Hausgeburt, wobei auch eine Alleingeburt in Frage käme.
War die Befruchtung mittels Samenspende kompliziert? Musstet ihr mehrere Versuche machen?
Nein, kompliziert war das an sich gar nicht. Wir haben uns einen privaten Spender übers Internet gesucht, der uns sympathisch war und unsere Werte teilt, uns ein Gesundheitsattest von ihm geben lassen und uns dann, um die Zeit meines Eisprungs, im Hotel getroffen. Dort ist er mit einem Becher ins Bad verschwunden und danach hat meine Frau mich mittels einer Spritze inseminiert. Das lief bei beiden Kindern gleich ab und hat auch bei beiden gleich beim ersten Versuch funktioniert.
Seid ihr als gleichgeschlechtliche Eltern schon auf Vorurteile gestoßen?
Vorurteile gab es bisher Gott sei Dank keine. Klar fragen manche Leute, ob wir keine Angst haben, dass die Kinder mal gehänselt werden… Aber bisher gab es da nie Probleme und unsere Große hat eine starke Persönlichkeit und klärt alle über ihre Mama und Mami auf und dass sie einen Vater hat, den sie noch nicht kennt, aber jederzeit besuchen dürfte.
Was hat dazu geführt, dass du dich gegen eine ärztliche Betreuung in der Schwangerschaft entschieden hast?
Ich wollte mich diesmal ganz gar auf die Natur und mein Gefühl verlassen. Meine erste Schwangerschaft war total unkompliziert und je mehr ich mich belesen habe, desto klarer wurde mir, dass die ganzen Untersuchungen und Vorsorgetermine mehr verunsichern als helfen. Meine Hebamme ist mehr oder weniger nur Gesprächspartner. Ich vertraue meinem Körper und meinem Kind, dass alles gut geht. Dazu kommt, dass wir von möglichen Chromosomenanamalien nichts wissen wollten, da dies für uns absolut keine Konsequenzen gehabt hätte. Statt mich die Schwangerschaft mit Sorgen herum zu quälen, bin ich lieber „guter Hoffnung“.
Wie bereitest du dich auf die eventuelle Alleingeburt vor? Wie steht deine Partnerin dazu?
Ich habe einiges gelesen, z.B. das Buch „Alleingeburt“ von Sarah Schmid. Generell beschäftige ich mich einfach viel damit und spiel es in Gedanken durch. Der Gedanke, die Geburt völlig allein zu meistern, verschafft mir das Gefühl, damit die Traumata meiner ersten Geburt, die mit einigen unnötigen Interventionen ambulant im Krankenhaus statt fand, aufarbeiten zu können. Ich freue mich sehr auf diese Geburt und solange ich mich gut fühle und Vertrauen in meinen Körper habe, versuche ich es allein. Sollte ich Angst bekommen oder Unsicherheit empfinden, rufe ich natürlich meine Hebamme hinzu.
Liebe Linda, ich danke dir für deine Offenheit und wünsche dir eine heilsame Geburt.