Ein Plädoyer für die Achtsamkeit im Umgang mit Kindern

Letzte Woche machte eine australische Sexualpädagogin Schlagzeilen mit der Aussage, Eltern sollen Kinder um Erlaubnis bitten, wenn sie diesen die Windel wechseln wollen. Die Frau wurde dafür ins Lächerliche gezogen und zum Teil sogar angefeindet. Natürlich stand diese Aussage in einem Kontext. Allerdings wurde der in den ganzen Kommentaren völlig außer acht gelassen.

Es ist ja Quatsch zu erwarten, dass ein kleiner Säugling eine Antwort darauf gibt, wenn er gefragt wird, ob er nun gewickelt werden möchte. Und später, wenn man ein Kind in der Autonomiephase fragt, ob es eine frische Windel möchte, sollte man wohl durchaus auch einmal mit einem Nein rechnen. Unser Männlein tendiert im Moment immer dazu, beim Wickeln und Umziehen wegzrennen. Er ist einfach gerne nackig.

So habe ich die Aussage der Sexualpädagogin aber auch gar nicht verstanden. Sie arbeitet an einem Konzept, Kinder in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken, um sie so vor sexuellen Übergriffen zu schützen.

Der Gedanke, der hinter der so stark kritisierten Aussage steckt: Lernt ein Kind von klein auf, dass sein Körper ihm gehört, ist es  viel sicherer darin „Nein“ zu sagen. Das bezieht sich auf tätliche Übergriffe, aber auch auf verbale und stärkt das Selbstbewusstsein des Kindes vermutlich auch noch in seinem Erwachsenenleben.

Ich würde Männlein nun auch nicht gerade fragen, ob ich ihm die Windel wechseln darf. Aber ich beziehe ihn ein. Ich finde es nicht gut, einfach an meinem Kind herumzumachen, ohne ihm zu sagen, was jetzt passiert. Wenn er eine frische Windel braucht, erzähle ich es ihm vorher und wenn ich ihn umziehe, erkläre ich ihm, was nun dran ist und welche Körperteile jetzt wo reingesteckt werden.

Bevor ich über die Sexualpädagogin da in Australien gelesen habe, habe ich mir auch nie groß Gedanken gemacht, warum ich Männlein das alles erzähle. Aber klar, es ist mir schon wichtig, dass er weiß, was mit ihm geschieht, warum es geschieht und dass er auch ein Bewusstsein für seinen Körper bekommt. Es ist ja nun Mal so, dass das Männlein kein Gegenstand ist, der mir gehört, sondern er ist ein kleiner Mensch für den ich verantwortlich bin.

Damit will ich sagen, dass es die Aufgabe der Eltern ist, den Kindern das mitzugeben, was sie benötigen, um fest und sicher, frei und mutig in die Welt hinauszugehen. Ob das nun geschieht, indem man sein Kind fragt, ob es eine frische Windel möchte oder anders, ist vielleicht ganz egal. Wichtig ist, dass man achtsam im Umgang ist und dass das Kind Vertrauen kann. Dann wird es schon auch lernen sich zu behaupten.

https://www.shz.de/deutschland-welt/panorama/sexual-expertin-eltern-sollten-kinder-vor-dem-wickeln-um-erlaubnis-bitten-id19918226.html