Unser zweisprachiges Projekt

Ich habe ja schon vor längerer Zeit Mal darüber geschrieben, dass wir Männlein zweisprachig (deutsch spanisch) erziehen wollen und warum. Inzwischen hat sich da einiges getan. Vorweg muss ich sagen, dass ich in der ganzen Geschichte definitiv den leichteren Part habe. Mit dem Kind deutsch in Deutschland zu sprechen (und das in jeder Situation), ist auf jeden Fall leichter als zwischen Gesprächspartnern und Sprachen hin und herzuswitchen. So halten wir es nämlich… Cristobal spricht immer und in jeder Situation spanisch mit Männlein und ich immer deutsch. Wir haben festgestellt, dass es total verwirrend für das Kind ist, wenn ich plötzlich spanisch mit ihm spreche oder eben Cristobal deutsch. Trotzdem sprechen wir miteinander (auch in Männleins Beisein) deutsch und das ist insofern kein Problem, da Männlein sich dann nicht angesprochen fühlt.

Inzwischen ist Männlein 23 Monate alt und ich würde seine Sprachkenntnisse als solide bezeichnen. Er kann (für uns als Eltern) zusammenhängende Dinge darstellen, klar sagen, was er möchte und was nicht und kennt Namen von diversen Menschen in unserem Umfeld. Und das alles kann er in zwei Sprachen. Er trennt ganz klar, mit wem von uns er gerade spricht. Befinden wir uns beide in einer Situation z.B. am Esstisch und er möchte Brot, so sagt er zu mir:“Brot“ und zu Cristobal „pan“. Auch kann er dem jeweils anderen Erlebnisse berichten. Letztens habe ich Kartoffeln und Gemüsereste vom Vortag mit Zwiebeln und Ei angebraten. Männlein hat mir dabei geholfen, indem er in seinem Lernturm stehend mit einem Buttermesser eine Kartoffel bearbeitet hat. Als Cristobal zum Mittagessen nach Hause kam, hat Männlein ihm ganz genau berichtet, was alles in unserem Essen drin ist.

Die zwei Sprachen scheinen Männlein keine große Mühe zu machen. Kennt er nur das Wort in einer Sprache (er sagt z.B. noch nicht Schuh aber immer zapato), sagen wir immer das entsprechende Wort in der anderen Sprache. Irgendwann bleibt es dann hängen und er sagt es dann auch. Ich sage also nicht das spanische Wort, zeige ihm aber trotzdem, dass ich ihn verstehe und teile ihm das deutsche Wort mit. So hat es schon bei vielen Wörtern geklappt. Manchmal denke ich, ein Kind in diesem Alter hat ein Gehirn wie ein Schwamm. Wenn noch eine dritte Bezugsperson mit einer dritten Sprache mit ihm sprechen würde, wäre auch das vermutlich kein Problem. Eigentlich ist es nur vielleicht ein bisschen schwer für die Eltern (und wie ich anfangs schon sagte… für mich nicht). Cristobal meinte, dass es ihm vor allem anfangs ziemlich schwer fiel, konsequent spanisch zu sprechen. Vor allem dann, wenn andere Menschen dabei sind, die nicht zur Familie oder zum näheren Umkreis gehören. Jetzt hat es sich aber so automatisiert, dass es einfach flutscht und wir sind sicher, dass wir alle davon profitieren. Männlein wächst mit zwei Sprachen auf. Cristobal kann sicher gehen mit seiner Sprache auch ein Stück Kulturidentität weiter zu geben und ich lerne ganz nebenbei endlich auch ein bisschen mehr Spanisch

„Mama“, „Kacka“, „Daaaa!?“

Männleins Wortschatz wächst stetig an. Er kann schon „Shwein“, „Kuh“ und „Katze“ sagen  und noch vieles mehr.

Interessant finde ich eigentlich eher, was er so von sich gibt, wenn er die Worte eben noch nicht kann. Da er immer noch nicht „Papa“, „Oma“ oder „Opa“ sagt, muss „Mama“ eben für alle funktionieren. Inzwischen ist es sogar so, dass Männlein allgemein zu allen Menschen Mama sagt. Schauen wir uns einen Katalog an und da ist ein Baby abgebildet: „Mama!“ Gehen wir spazieren und jemand kommt uns entgegen: „Mama!“ Da bekommt das Wort ganz schön vielfältige Bedeutungen.

Auch „Kacka“ ist sehr beliebt. Natürliich kennt er das Wort durch unseren Gebrauch über seinen Windelinhalt. Für ihn ist „Kacka“ gleichzusetzen mit Pipi, Kacka, Windel, Toilette, Hundehaufen und jegliche Dinge, die in einer gewisse Konsistenz am Boden liegen. Allerdings kommt es auch immer wieder vor, dass er zu Dingen „Kacka“ sagt, die so gar nichts mit Fäkalien zu tun haben. Da bin ich allerdings noch nicht dahinter gekommen, wie er das dann meint. Was mich aber ungemein freut, ist dass er seit einiger Zeit meistens Bescheid gibt, wenn er „Kacka“ (in welcher Form auch immer) in der Windel hat.

Das dritte, universell gebrauchte Wort ist „Daaaa!?“ Und zwar genau in dieser langgezogenen, ausrufezeichigen, fragenden Betonung. Meist so laut gekreicht, dass man Gefahr auf einen Gehörsturz läuft, sollte man gerade das Ohr zu nahe dran haben. „Daaaa!?“ kommt zum Einsatz, wenn Männlein etwas sieht, dass er sehr toll findet (z.B. ein Trecker, Fahrrad, Kuh, Schwein oder der Papa). Dann deutet er mit dem Finger darauf, kreischt „Daaaa!?“ und läuft zielstrebig in die Richtung. Auch wenn wir z.B. ein Bilderbuch anschauen und Männlein möchte, dass ich diverse Tiergeräusche der darin abgebildeten Tiere nachmache, wird das „Daaaa!?“ dringend gebraucht. Die Lautstärke ist dabei steigend. Bin ich vielleicht gerade abgelenkt oder ähnliches, wird es mir immer lauter entgegengeschrien, bis ich endlich „Muh“ oder „Trörö“ oder sonst was mache.

Ich bin begeistert, wie vielfältig und doch sinnvoll Kinder in ihrer Sprachenwicklung Worte verwenden, wenn ihnen die richtigen Begriffe noch nicht geläufig sind. Über Männleins erste Worte habe ich ja schon einmal geschrieben

Erste Worte

 

Erste Worte

Unser Männlein spricht schon eine Menge Wörter. Einige sind echte Worte, andere sind seine eigene Sprache. Da wir Männlein zweisprachig erziehen, glauben wir, dass er vielleicht etwas länger braucht, um sprechen zu lernen als andere Kinder.

Männleins erstes Wort, hat er in Chile gesprochen. Mit elf Monaten und es war „iHola!“ Das kam einfach dadurch, dass in Chile die Menschen sehr babyfreundlich sind und laufend “ iHola, bebe!“ rufen. Gerade unser blonder Indianer hatte es den Chilenen sehr angetan. Egal, wo wir waren, jeder sprach Männlein an.

Das zweite Wort war dann „Elvis“. So heißt unser Hund. Wir hatten eigentlich schon damit gerechnet, dass „Elvis“ das erste Wort wird. So waren wir eigentlich nicht besonders überrascht.

Als nächstes kam dann „Mama“. Das hatte er zwar vorher schon oft gesagt, allerdings nicht auf mich gerichtet. „Mama“ sagt Männlein übrigens auch zu Papa und zur Oma. Aktuell, jedes Mal wenn er „Mama“ zu  Cristobal sagt, sagen wir: „Papa!“ Ich glaube Cristobal wird sich unglaublich freuen, wenn er es dann zum ersten Mal aus Männleins Mund hört.

Nach und nach fügten sich dann diverse Tiergeräusche ein. Am Liebsten sagt Männlein „Muh“ und „Oink“. Aber auch Katzen und Hunde stehen hoch im Kurs (inzwischen sind auch nicht mehr alle Hunde „Elvis“ sondern „Wauwauau“).

Eine Zeit lang war „Nein“ das absolute Lieblingswort. Derweil sagt er aber zum Glück auch richtig gerne „Ja“. Vor allem, wenn ihm etwas echt gut gefällt. Da geht mir jede Herz auf.

Neuerdings sagt Männlein auch „Komm“.  Das hat bei ihm allerdings eine viel umfassendere Bedeutung, als einfach nur „Komm“. Er sagt es, wenn er Aufmerksamkeit haben möchte, wenn er Hilfe benötigt, wenn er etwas ausprobiert… und noch in vielen anderen Situationen. Man sieht also, er hat das Wort wirklich erfasst.

Ansonsten hat Männlein noch viele viele Worte, die er sich einfach ausgedacht hat. Es macht wirklich Spaß, wenn wir plötzlich z.B. realisieren, dass „Uauauan“ Schuhe bedeutet. Wir freuen uns über jede Erkenntnis und auch über jedes neue „richtige“ Wort.

Als ich mich mit meiner Mutter über die Sprachentwicklung vom Männlein unterhielt, erzählte sie mir, dass mein erstes Wort „Auch“ war. Damit wollte ich wohl eigentlich „Ich auch!“ sagen. Das kam daher, dass ich einen großen Bruder habe und einfach immer das gleiche haben wollte, wie er.

Seit dieser Unterhaltung frage ich mich, ob die Auswahl der ersten Worte eigentlich etwas über die Persönlichkeit des Kindes aussagt. Denn ich bin ein Mensch, der anscheinend von kleinauf und auch immer noch gerne klar macht, was er will. Vielleicht bedeutet Männleins „iHola!“, dass er besonders kontaktfreudig ist? Das ist er ja wirklich! Er hat bis jetzt nie gefremdelt und flirtet mit jedem. Damit klopft er ja sogar Menschen weich, die eigentlich gar keinen Bock auf kleine Kinder haben. Ich habe mich echt bemüht etwas darüber herauszufinden, aber das ist gar nicht so einfach. Dafür habe ich gelernt, dass die Sprachentwicklung eigentlich ja noch viel früher beginnt als ich so dachte. Im Prinzip schon in der Schwangerschaft. Das erklärt auch, warum Männlein auf Deutsch brabbelt. Denn das sagte Cristobals Schwester: „Männleins Babygebrabbel hört sich an wie deutsch!“

Nein!

Männlein hat ein neues Wort gelernt. Nicht nur gelernt es auszusprechen. Er hat es sogar im vollen Umfang erfasst. Das Wort heißt Nein!

Ich finde das Wort blöd und hatte eigentlich versucht es nicht zu häufig zu benutzen. Irgendwie fand ich die Vorstellung von „Nein“ als eines der ersten Worte in Männleins Sprachschatz ungut. Ich finde „Nein“ bedeutet Grenzen und Verbote überall und das, obwohl ich doch der Meinung bin, Kinder sollen alles ausprobieren.

Um das „Nein“ zu vermeiden, haben wir zu Hause alles Kindgerecht eingerichtet. Es gibt einfach nichts in Männleins Reichweite, dass irgendwie gefährlich oder verboten ist. Außer es schleicht sich mal etwas in die untere Ebene und taucht dann plötzlich in seinen Händen auf( siehe http://mamawege.de/2018/06/02/willkommen-in-der-neuen-ordnung/).Ansonsten kann er schalten und walten, wie er will.

Unser Gefahrenausdruck war „Ohoh“. Das nutzten wir immer, wenn Männlein sich in brenzlige Situationen begab. Es hatte auch den schönen Nebeneffekt, dass Männlein sein Vorhaben damit ankündigte. So konnte man z.B. ziemlich häufig beobachten, wie er „Ohoh!“ sagte und dann seinen Finger in die Steckdose stecken wollte. Es lohnte sich also in solch einem Falle immer zu gucken, was er grad so trieb.

Wie kam es nun also zu dem blöden Wort „Nein“? Männlein hatte plötzlich einen Spaß daraus entwickelt, mich zu beißen. Ihn interessierte und amüsierte dabei wohl meine Reaktion. Beim ersten Mal schrie ich vor Schreck und ja auch vor Schmerz auf. Das fand er super lustig und es veranlasste ihn, es gleich noch einmal auszuprobieren. In der Hoffnung meine Reaktion weniger „witzig“ zu gestalten, überlegte ich mir eine Strategie.

Immer wenn Männlein mich biss oder es versuchte, wollte ich ihn wegschieben, ihn ernst anschauen und dann sagen: „Ich möchte nicht, dass du mich beißt. Das tut mir weh!“ Merkwürdigerweise fand Männlein das ebenfalls saulustig. Schade! Mir ist schon klar, dass er das noch nicht wirklich versteht. Aber ich hatte die Hoffnung, dass er meine Ernsthaftigkeit an der Stelle auf irgendeine Art trotzdem erfasst. Naja, auf jeden Fall musste ich meine Strategie wechseln, denn gebissen werden ist wirklich kein Spaß.

Ich begann also in solchen Situationen mich einfach etwas von Männlein zu entfernen. Spielten wir gerade auf dem Boden und er versuchte mich zu beißen, stand ich auf und ging weg. Manchmal wenn er besonders albern war, versuchte er dann hinter mir her zu rennen und weiter zu beißen, dann lenkte ich ihn ab, indem ich z.B. mit ihm ein Versteckspiel anleierte. Alles in Allem funktionierte es so ganz gut.

Aber wie kam es denn nun zu dem „Nein“? Eines morgens spielte das Männlein im Bad, während ich mir die Haare bürstete. Und da biss mich jemand aus heiterem Himmel und ohne Vorwarnung in den Unterschenkel. Wie von der Tarantel gestochen schrie ich aus: „Oh Mann, nein!“ Und das war´s. Von dem Moment an war „Nein“ das Wort überhaupt.

Sitzt er auf dem Bobbycar und wir wollen eigentlich zum Einkaufen fahren: „Nein!“

Hat er im Laden eine Banane in die Finger bekommen und ich will sie wegnehmen, bevor überall Bananenschmiere ist: „Nein!“

Wollen wir spazierengehen und Männlein möchte einfach nicht vom Holzschuppen weg:“Nein!“

Will Männlein mich nun beißen, klingt das inzwischen auch anders.

Ich: „Nein!“

Männlein: „Nein?“

Ich: „Nein!“

Männlein beisst zu…